Manchmal kommt es anders. Denn der Winter hat seine Spuren in den Bergen ganz nachhaltig hinterlassen. Gut natürlich für die Gletscher, die heuer eine schützende Decke hatten. Schlecht für die, die auf 2400 Metern einen Klettersteig beenden wollten. So kam es, dass die Klettersteigtage vom 22.06.24 – 24.06.2024 nicht wie geplant mit den Klettersteigen Wilder- und Nackter Hund am Loferer Steinberg begannen, sondern gleich bei der Anfahrt mit dem s‘Schuastagangl auf die Steinplatte. Das Wetter war genau richtig dafür und der mittelschwere Steig als Auftakt noch ausreichend sanft, um anschließend noch die knapp 1200 Höhenmeter mit ordentlich Gepäck zur Von-Schmidt-Zabierow-Hütte (1966 m) aufzusteigen.
Die mit großer Vorfreude erwarteten Bergfeuer zur Sonnwend ließen die Bergsteiger in Scharen hineinströmen, sodass jeder Winkel der Hütte ausgefüllt war. Und auch wenn das Wetter mit immer mehr Regen die Hoffnung auf das erträumte Feuerbrennen zerstörte, so schaffte es die Bergrettung trotzdem, ein paar Feuer um die Hütte zu verteilen und in einigem Abstand zur Hütte glühende Zeichen zu setzen. Feuerbrennen light, könnte man es nennen, und damit Luft nach oben lassen. Wollen wir im nächsten Jahr einen neuen Anlauf nehmen? Bergfeuer und Klettersteige haben jedenfalls den Reiz nicht verloren.
Am zweiten Tag war dann der Regen schon wieder vorüber – und beinahe auch das Frühstück, als unsere Gruppe sich aus den gemütlichen Betten wälzte. Doch der späte Start in den Tag bot eine ganz besondere Überraschung: Die Hüttenwirtin Käthe, die nach 25 Jahren nächstes Jahr ihr Revier übergeben wird, stand den Kindern einer JDAV-Gruppe aus Traunstein, die mit beim Frühstücken waren, für eine Interviewstunde zur Verfügung. Erst erzählte sie, wie sie damals auf die Hütte kam, was sie sich alles aufgebaut hat und wie die Hütte so funktioniert. Warum sie so eine einzigartige Berufswahl getroffen hat und wie wichtig es ist, hier immer alles im Blick und im Kopf zu haben. Welche Kontakte wichtig sind, wie die Hubschrauber den Hüttenbetrieb ermöglichen (über den Winter muss beispielsweise sogar die Spülmaschine ins Tal geflogen werden). Dass die Versorgungshütte am Parkplatz im Tal oft frische Zutaten für die Hüttenküche bereithält, die bitte beim Aufstieg mitgenommen werden sollten (Schnittlauch passt auch noch auf den dicksten Rucksack). Und anschließend konnten alle noch Fragen stellen – wir herrlich, diese Infos aus erster Hand von der sympathischen, bodenständigen und mutigen Frau zu bekommen. Respekt und Anerkennung waren ihr damit bei allen Zuhörern sicher…
Anschließend eigneten sich die hüttennahen Übungsklettersteige – samt Überquerung der Seilbrücke – für eine Vormittagseinheit im Klettersteiggehen. Und weil sich der Nebel immer wieder zurückzog, konnte am Nachmittag auch noch eine Wanderung Richtung Großes Reifhorn (2488 m) starten. Die Gämsen fandens interessant.
Am dritten Tag war dann die Sonne wieder voll da und lud vor dem Abstieg noch zu einer kleinen Yoga-Einheit am Berg ein. Um nun die Klettersteigtage noch gebührend abzuschließen, fuhr die Gruppe bei der Heimfahrt noch zum Königssee und kletterte in verschiedenen Varianten auf den Grünstein (1304 m). Eine sehr lohnende Tour an einem Montag, denn auch wenn der Zentralparkplatz ganz schön verstopft war – die Klettersteige waren weitgehend frei.
Die Grünsteinhütte (1220 m) kredenzte noch Kaiserschmarrn satt und der Königsee erfrischte die dampfenden Füße für eine entspannte Heimfahrt. Auch mit den Programmänderungen war es eine sehr schöne und fordernde Tour, die nach einer Wiederholung im nächsten Jahr verlangt.
Text : Verena Pfefferkorn
Bilder: Verena Pfefferkorn und Teilnehmer