Vom 19. bis 21. Januar 2024 fanden die Grundkurse Skitouren auf der Südwiener Hütte (1802 m) bei Obertauern statt. Der Kurs Level 2 stand unter der Leitung von Christoph Rother, Trainer B Skihochtouren.
Gemeinsam mit dem Level 1-Kurs fand am 15. Januar bereits ein theoretischer Lawinenkundeabend statt. Die Grundbegriffe der modernen Lawinenkunde bzw. die Methoden zur Risikoreduktion samt SnowCard und Lawinenmantra sowie die Online-Tools und Apps von Windy, AlpinMeteo, Osmand~ über Skitourenguru wurden beleuchtet.
Unsere Unterkunft war für zwei Nächte die urtümliche Südwiener Hütte (1802 m) in den Radstädter Tauern. Eine Besonderheit dieser Hütte ist sicherlich die Hüttenwirtin Tanja, bestens bekannt aus TV und dem Magazin Bergwelten. Auf ihre ganz besondere Art und Weise weiß sie ihren Gästen ein unvergessliches Hüttenerlebnis zu bescheren. Da können wir nur hoffen, dass die Fortführung der Hütte über das Pachtende 2026 hinaus vom zuständigen Gebirgsverein forciert wird.
Freitags stand aber zunächst der Anstieg zur Hütte an. Die Devise war „Fahrweg kann jeder“, also galt es in endlosen Spitzkehren die Technikschule zu besuchen. Im Aufstieg links haltend legten wir als Erste an diesem Tag eine Spur durch den frischen Neuschnee an. Prompt kamen wir zu einem Steilstück, bereits ausgewiesen auf den farbigen Hangsteilheitskarten. Aufgrund Probabilistik und Mantra sollte hier ein Checkpunkt sein, bei dem wir in der Einzelhangbeurteilung uns Klarheit über Stop oder Go verschaffen wollten. Ein Blick zurück ließ uns staunen, denn mehrere andere Gruppen und Schneeschuhgeher folgten unserer frischen Spur unaufhörlich anstatt dem Fahrweg. Zwei Schneeschuhgeher ohne LVS-Geräte konnten wir noch zur alternativen Routenwahl bewegen, doch die tschechische Nachfolgegruppe ließ sich von unserer Spur und versperrtem Weg keinesfalls von einem Nachfolgen abbringen. So war dieser Punkt die Eröffnung der Diskussion über den Faktor Mensch bei der Risikostrategie mit all seinen psychologischen Fallen.

An der Hütte angekommen, gestärkt und den Nachmittag geplant, ging es sogleich weiter auf den Hausberg, nämlich den Spirzinger (2066 m), hinab in das Tal der Hafeichtalm, nach den ersten Steinkontakten im Kamm- und Latschenbereich ein kleiner Traum und Vorgeschmack im Pulver. „Natürlich auf Tour“ lautete nicht nur das Motto an diesem Wochenende, sondern auch die Umweltbildung hatte neben Risikobewusstsein immer wieder ihren Platz, seien es die äußerlichen Unterschiede der Nadelbäume Fichte, Tanne, Kiefer, Lärche und Zirbe, Wissenswertes über den Zirbenhäher oder aber die Formel ABS – Auerhuhn, Birkhuhn und Schneehuhn.

In der allmählich aufziehenden Dämmerung an einem ohnehin düsteren Tag ging es wieder hinauf auf das Spatzeck (2065 m). Fast schon traditionell wurden am Kamm die Stirnlampen ausgepackt, bevor es zurück und hinab zur Hütte ging. Pünktlich beim Abendessen bei Tanja zu sein, war das Gebot der Stunde. Nach dem Abendessen hieß es dann erst einmal für die Tourenplanung eine Datenverbindung herzustellen, Lawinenlage- und Wetterbericht abzurufen, aber auch Skitourenguru zu befragen.

Der Samstag fing bei -15°C sehr frisch an. Kalt kam der Wind vom Scheibenkogel (1997 m) herab. Zunächst ging es Richtung Höllkogel (2211 m) und Kesselkopf (2252 m). Die ersten Sonnenstrahlen waren wohltuend, die Finger tauten allmählich wieder auf.



Spuranlage in ca. 20 bis 30 cm Neuschnee ließ jeder der abwechselnd Führenden wärmer werden; ökonomische und ökologische Spuranlage sowie langsames Gehen ohne Steighilfe waren Kursinhalt. Es war aber auch ein Tag der Windzeichen. Von der Dünung über Windgangeln (Zastrugis), Wächten und Anraum war alles dabei.


Ein hartnäckiger Harschdeckel erschwerte unseren beiden Splitboard-/Snowboardfahrern die Hangquerungen merklich. Mit Harscheisen gelang der Aufstieg auf den Kesselkopf.



Zur Überraschung war die Westseite abgeblasen und aper. Doch etwas nordwestlich fand sich ein schöner und einladender Hang auf das Windsfeld, quasi dem Pass über dem Tauerntunnel. Hier nun eine vollkommen andere Situation. Riesenwindgangeln, Anraum an den Strommasten, merkliche Spuren der Windeinwirkung prägten die Landschaft. Erst Mittags-Yoga, dann wieder Anfellen. Ziel war der Taferlnock (2375 m).


Am frühen Nachmittag erreichten wir den Gipfel und durften über die großen Wechten in das Kar nach Zedernhaus blicken. Nun waren wir doch ein großes Stück von unserem Ausgangsort entfernt, es stellte sich die Frage des Rückwegs. Nun galt es “Führen von Oben” zu praktizieren. Entlang der Permuthwand (2479 m) bzw. Rießlwand fanden wir traumhafte Abfahrtsbedingungen bei mäßiger Lawinengefahr und doch fast durchgehend nicht steiler als die magischen 30 Grad. Lange währte die Abfahrt, vorbei am Metzgerbründl.

Gestärkt mit einem speziellen Zirbengetränk fanden wir einen Durchlass unterhalb des Scheibenkogels. Nun mussten wir im Schatten durch einen kalten, windigen Lärchenwald nochmals 450 Höhenmeter Gegenanstieg bewältigen.

Fast schon natürlich nahmen wir den vierten Gipfel des Tages, den Scheibenkogel (1997 m), mit. Ein grandioser Sonnenuntergang mit Blick auf Dachstein (2995 m) belohnte die Strapazen.

So ging ein sehr erfüllter Tag mit vielen verschiedenen Lehrinhalten und Eindrücken und über 1300 Höhenmetern zur Neige. Rechtzeitig vor Einbruch der Dämmerung waren wir zurück auf der Hütte. Anstrengend, wenn man das sagen darf, wurde es erst, als sich Hüttenwirtin Tanja zu unserem Tisch nach 22:30 Uhr gesellte und uns erst längst nach Mitternacht zur Nachtruhe entließ.
Der nächste Morgen: Klar, Minusgrade, aber nur noch –8°C. Die Permuthwand bereits in der Sonne. So standen wir wenig später bei Sonnenaufgang wieder auf dem Scheibenkogel. Nun ging es hinab durch den lichten Lärchenwald, entlang der Aufstiegsspur vom Vortag. Ein Traum. Viel besser als gedacht. Sind die Bäume über Nacht auseinandergerückt? Und dieser unglaublich kalte und lockere Pulver. Einfach ein Traum.
Kaum waren wir aus dieser Wunderwelt, aus diesem Seitental im Haupttal angekommen, erwartete uns ein massiver Harschdeckel. In der Sonne bei der Unteren Pleißlingalm konnten wir auffellen. Über einen Steig (“durchs Holz”) ging es wieder hinauf. An einer geeigneten Stelle gruben wir ein Schneeprofil. Nun kam also auch die Analytik zur Geltung, bewaffnet mit Schneesäge und Thermometer blieben nur diejenigen warm, die auch schaufelten. Beim ECT konnten wir weder Bruch noch Bruchfortpflanzung am ausgewählten Hang feststellen.

Technisch anspruchsvoll, wieder in zahllosen Spitzkehren ging es über eine Steilstufe zurück zur Oberen Pleißlingalm. Doch nicht genug, noch hatten wir Zeit. So ging es südseitig wieder auf den Spirzinger, bei vollkommen anderen Verhältnissen. Südseitig in der Sonne, nun sogar im T-Shirt. Die Wirkung der Sonne auf den Schnee war nicht zu übersehen.



Die letzte Abfahrt in den Osthang verhieß sodann noch einmal ein Vergnügen, bevor wir bei Kaiserschmarrn und Spinatknödeln den Kurs reflektieren und abschließen konnten.
Den fünf wissbegierigen und ausdauernden Absolventen des Grundkurses Skitouren Level 2 im Jahr 2024 gilt die Anerkennung ihres Ausbilders. Sehr schön war’s.
Bericht: Christoph Rother, Trainer B Skihochtouren
Fotos: Ale Zamorano, Lena Limmer, Manuel Zamorano, Quirin Brandl, Simon Vogl und Christoph Rother