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Viel gelernt beim Basiskurs Hochtouren

Stefan Huber und Angelika Hagel nahmen vom 26. bis 29. Juni 2014 am Basiskurs Hochtouren teil. Eindrucksvoll schildern sie, was sie dabei lernten und in der Gemeinschaft mit den Kursteilnehmern erlebten.
Am Donnerstagmorgen starteten wir, 12 Kursteilnehmer, unter Leitung des Ausbildungsreferenten Hans Jehl und den Ausbildern Peter Maier, Alois Herleinsberger und Stefan Jehl, in Richtung Neue Prager Hütte (2796 m) im Venedigergebiet, unserem Stützpunkt für den Hochtourenkurs. Vom Matreier Tauernhaus an der Südseite des Felbertauerntunnels brachte uns ein Texibus zu dem 1689 Meter hoch gelegenen Innergschlöß, von wo aus wir den 3,5-stündigen Hüttenaufstieg begannen.
Nach unserer ersten, teils etwas ruhelosen Nacht, brachen wir am nächsten Morgen gegen 8:30 Uhr – nach einem kurzen Ausrüstungscheck – bei herrlichem Wetter auf in Richtung Kleinvenediger. Schwerpunkt des ersten Ausbildungstages sollte das richtige Verhalten auf verschneiten Gletschern und die Spaltenbergung sein. Der einstündige Aufstieg zum Beginn des Gletschers wurde gleich genutzt, um die richtige Spuranlage in steilen Schneefeldern zu üben. Am Oberen Schlatenkees angelangt wurden zunächst die Klettergurte angelegt und die Steigeisen montiert. Die Ausbilder zeigten uns, wie man das Seil richtig aufteilt, sich einbindet und welche Ausrüstung bereits jetzt am Gurt ordentlich verstaut werden muss, damit sie im Ernstfall sofort griffbereit ist.
Dann ging es los, die ersten Schritte auf einem richtigen Gletscher! Zielstrebig legte die erste Viererseilschaft, angeleitet von Hans, die Spur Richtung einer markanten Geländekante etwa 100 Meter oberhalb der Anseilstelle. „Dort muss eine Spalte sein, da können wir gleich den Ernstfall üben“, meinte er. Tatsächlich entdeckten wir dort eine von einer dünnen Schneebrücke überdeckte, tiefe Gletscherspalte. Wir deponierten unsere Rucksäcke an einem zentralen und sicheren Ort, während die Ausbilder das Übungsgelände mit Schneesonden checkten, um weitere verdeckte Spalten auszuschließen. Dann schufen sie zuverlässige Fixpunkte im Schnee, damit alle Teilnehmer während der Ausbildung gesichert werden konnten.
Nach kurzer Rast durften wir uns an einem sicheren Ort postieren, während unsere Ausbilder eine Dreierseilschaft bildeten, die dann von oben kommend an uns vorbei marschierte. Natürlich durfte Stefan, der Jüngste von ihnen, die Seilschaft anführen! Gespannt beobachteten wir die Gruppe, die sich „ahnungslos“ auf die Geländekante zu bewegte. Plötzlich ging alles ganz schnell: Stefan hatte die Schneebrücke kaum betreten, da verschwand er in der Spalte, die beiden Nachfolgenden „stürzten“ zu Boden und rutschten noch wenige Meter Richtung Spaltenrand, bis sie den Sturz abgefangen hatten. „Es ist wichtig, dass sich alle, die den Sturz halten müssen, rasch zu Boden werfen und ihre Pickel in den Schnee rammen, sonst kann der Sturz nicht gehalten werden!“ erklärte uns der Kursleiter. Nun erfuhren wir anschaulich, was es heißt, einen gestürzten Kameraden mittels „totem Mann“ zunächst zu fixieren, um ihn dann mit der „losen Rolle“, einer Art Flaschenzug, zu bergen, ohne die anderen Seilschaftsmitglieder zu gefährden.
Und dann waren wir selbst an der Reihe: Anfangs mit einem mulmigen Gefühl im Bauch gingen wir sehr zaghaft zur Spalte. Es half nichts, der Erste musste hinein! In den folgenden Stunden wich langsam die Angst, wir lernten in vielen Durchgängen, wie es sich anfühlt, in eine Gletscherspalte zu „stürzen“ bzw. einen Sturz abzufangen, um dann Schritt für Schritt den verschollenen Kameraden aus der Spalte zu bergen.
Am nächsten Tag stand das Gehen mit Steigeisen im steilen blanken Eis – die sog. Vertikal- und Frontalzackentechnik – auf dem Programm. Unsere Ausbilder hatten sich da ein außerordentlich spannendes Übungsgelände ausgesucht: Da der Gletscher oberhalb der Hütte noch schneebedeckt war, mussten wir zunächst zum Beginn des Unteren Schlatenkees auf ca. 2100 Meter absteigen, dort fand sich bereits großflächig blauschillerndes Blankeis. Vom flachen Ende der Gletscherzunge steilt sich das Schlatenkees zunehmend auf und bildet dann eine ca. 600 Meter hohe, von unzähligen Spalten und Eistürmen durchsetzte steile Zone, einen sog. Gletscherbruch. Dort wechselte sich Blankeis mit schneebedeckten Abschnitten, offenen mit teilweise oder ganz verdeckten Gletscherspalten ab. Beim Durchstieg lernten und übten wir das Gehen mit Steigeisen, erst im flachen Gelände und bald im steiler werdenden Eis. Voller Begeisterung stiegen wir durch diesen wilden Gletscherbruch auf und konnten dabei die neu erlernten Steigeisentechniken intensiv üben. Die Ausbilder suchten mit Spürsinn einen Durchstieg und brachten einmal ein Fixseil, dann ein Geländerseil an, und so lernten wir auch die verschiedenen Sicherungstechniken in solch einem schwierigen Gelände kennen. So manche Spalte musste überschritten werden und die Herausforderung war umso größer, je kürzer die Beine der Teilnehmer waren.
Von der Sonne der letzten zwei Tage geküsst und unter dem Eindruck toller Gletschererlebnisse, trafen wir uns am Abend noch zu einer Theoriestunde – sehr professionell gestaltet, dank Laptop und Beamer vom hilfsbereiten Hüttenwirt Wilfried.
Am letzten Tag übten wir zunächst neben der Hütte noch einmal die Spaltenbergung und mussten feststellen, dass erst diese Wiederholung unsere Kenntnisse so richtig verfestigte. Der anschließende Abstieg wurde etwas erschwert vom lange angekündigten Regen. Das tat der Stimmung aber keinen Abbruch, da ein paar wunderschöne, lehrreiche Tage unter besten Bedingungen und in einer tollen Gruppe hinter uns lagen. Nach einer kurzen Einkehr starteten wir die Rückfahrt, die am frühen Sonntagabend an der DAV-Geschäftsstelle in Passau endete.
Stefan Huber und Anke Hagel

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